Indien (Teil 3 von 12)

Heute war ich in Parad Ganj, dem Traveler Viertel in Delhi. Hier gibt es Myriaden an kleinen Shops in der Hauptstraße, den Gassen und Plätzen. Seit den Commonwealth Games gibt es sogar eine asphaltierte Hauptstraße. Hier wollten wir uns zwei SIM Karten kaufen, damit wir hier im fernen Indien erreichbar sind. Das ist aber nicht so einfach. Dafür muss man Wohnort, Passfoto und Visum vorlegen. Das hat bestimmt etwas mit der latenten Angst vor Terroranschlägen zu tun. Schon bei der Fahrt mit der Metro in die Innenstadt musste ich durch eine Sicherheitskontrolle. Erst eine Sandsackbarriere mit einem Soldat und angelegtem Sturmgewehr und dann die Kontrolle mit Abtasten und Gepäck in den Magnetographen. Meine Kamera musste ich dann auch noch rausholen. Ihr entschuldigt, wenn ich keine Fotos habe, aber in Indien ist es verboten Brücken, Bahnhöfe und Flughäfen zu fotografieren. Selbst in der U-Bahn ist es nicht erlaubt. Damit Das keiner vergisst kommen alle zwei Minuten erzieherische Durchsagen auf Hindi und Englisch. Du sollst nicht auf den Boden Spucken, gib deinen Platz frei für Ältere, beachte die Frauenabteilung – Ja, Frauen haben reservierte Bereiche in U-Bahnen und deren Zugänge sind rosa gekennzeichnet mit Blümchen.

Bei dem Handymenschen angekommen sehe ich den Schneider gegenüber. Da kann ich nicht widerstehen… aber ihr werdet schon noch sehen was ich mir gegönnt habe ;). Da ich keine Passfotos dabei habe gehe ich mit dem Bruder des Shop Besitzers in ein „Photostudio“. Das ist ein Internetkaffee mit zwei alten Rechnern. Im Hinterzimmer räumt der Photograph schnell seine Schlafsachen weg und stellt mich vor seine fast weiße, nein graue Fotowand. Die Flecken lässt er aus. Dann macht er mit seiner Kompaktkamera ein Foto, und druckt es mit seinem mini Fotodrucker aus. Unsere SIM Karten haben wir schnell, funktionieren tun sie aber noch nicht. Nun ja. Hier ist vieles anders als in Deutschland. Hier gibt es einige Behinderte denen die Beine verkrüppelt sind oder ganze Gliedmaßen fehlen. Frank und ich fragen uns, ob das wohl reglementiert ist? Ein Amerikaner hat beispielsweise einem Beinlosen 500 Rupies gegeben. Hier ein Haufen Geld. Für Bettler ist das hier ein Paradies. Aber wer bestimmt wer hier sein darf und wenn es jemanden gibt, profitiert er davon? Viele Fragen aber keine Antworten.

Während wir weiter gehen wird ein Starkstromkasten installiert. Mir dreht sich der Magen um wenn ich sehe wie hier gearbeitet wird. Nahezu alles wird in Handarbeit gemacht. Nicht das ich etwas gegen Handarbeit habe. Handwerk ist was Tolles. Nur sind vom Geländer entlang der U-Bahn nur die Hälfte der Schrauben angesetzt und höchstens ein Viertel auch komplett angezogen. Die Betonplatten, die den Kabelschacht entlang der Bahn abdecken sind oft außerhalb der Norm – passen nicht oder sind schon kaputt verbaut worden. So würde ich den Stil hier auch nennen – Kaputtgebaut! Sonst wird Holz klassisch mit der Säge gesägt, Baugerüste mit Seil und Bambus aufgestellt, Löcher mit Eisenstab aufgestoßen, ja, die Ziegel selbst sind nicht mal Quaderförmig. In vielen Häusern merke ich schon beim Laufen dass sie Windschief sind. Was nicht passt wird eben passend gemacht, mit viel Liebe und Beton.

Das Viertel Parad Ganj ist wirklich ein Kessel bunten Treibens. Es geht ein Strom an Menschen durch die Gassen, wir als Westler werden ständig angesprochen ob wir Drogen kaufen wollen oder sonst billige Trommeln wollen oder irgend einen anderen Billigscheiß von denen hier die Läden ohnehin schon überquellen. So ergeht es jedem der dieses Touri Viertel betritt. Später gehen wir essen und schauen uns das bunte Treiben von oben an. Erschöpft kommen wir in unsere Gated Community, die täglich von 23-5 Uhr abgeriegelt wird. Abends geht der Sicherheitsmann umher und schlägt mit seinem Knüppel gegen die Hausecken. Das soll Diebe vertreiben helfen.

Bis dahin,

Christoph