Äthiopien (Teil 3 von 5)
Zum ersten Mal seit langem fühle ich mich wieder wie ein richtiger Ethnologe. Unser Lieblingsfahrer Daniel hat uns gestern Abend zu einer original Äthiopischen Kaffee Zeremonie eingeladen. Dazu muss mann wissen, dass Kaffee aus der Südöstlichen Region Kefa entstammt und von hier aus seinen globalen Siegeszug als wichtigstes Getränk der Menschheit gleich nach Wasser antrat. Namentliche Ähnlichkeit ist wohl kein Zufall. In einem dreistöckigem Plattenbau wohnt er mit Frau, drei Kindern und einer jungen ca. 13-Jährigen Hausfrau. In der Wohnung ist schon alles vorbereitet, auf einem hölzernen Hochtablett stehen Tassen und Unterteller. Daneben ein mit glühender Holzkohle gefüllter Tiegel und eine Äthiopische Kaffeekanne. Um das Setting herum liegen Grashalme, denn die Zeremonie wird eigentlich im Gras vollzogen. Wir trinken Cola und Bier, der LCD Fernsehr zeigt FOX Movies Arrabia. Es kommt „The International“. Die Kids trinken Mirinda Orange.
Seine Frau kommt. Sie zieht sich schnell um – nun trägt sie das traditionelle Äthiopische weiße Damengewand mit aufgestickten Bordüren, darunter eine bute Leggins. Das Hausmädchen wirft eine Hand voll Weihrauch ins Feuer. Sie verschwindet und bringt einen Metallofen mit brennender Holzkohle. Seine Frau geht im Kreis herum und präsentiert uns die frischen grünlichen Bohnen in einer Riffelpfanne. Dann geht sie zum Feuer und röstet sie. Nach dem Weihrauch Flash, steht nun das komplette Wohnzimmer im Duft des frischgerösteten Kaffees. Es summt die elektrische Mühle. Daniel erklärt, das sei alles Frauenarbeit. Der Mann teilt lediglich das Brot beim Essen. Verteilen würde es aber wiederum die Frau. Meist lädt man gute Freunde und Verwandte nach der Kirche ein – Äthiopien ist ja eines der ältesten christlichen Länder. Sie haben ihre eigenen Orthodoxen Kirchenführer, die seit jeher großen Einfluss auf die Politik haben.
Das Pulver kommt oben in die Kanne und man wartet bis er kocht. Dann wird getrunken. Reiner Kaffee, mit oder ohne Zucker. Die Frauen, so wird mir berichtet, schnattern stets dabei und weil man nach der Kirche bis zu 5 Zermonieeinladungen hat, reicht es kaum für mehr als einen Durchgang. Der Mann müsse drängeln und die Frau sei schwer heraus zu eisen. Ich erzähle ihm vom Kaffeeklatsch mit Torte und muss an Udo Jürgens denken. Es Klopft, eine Freundin mit Tochter kommt vorbei. Die Frauen fangen auch prompt an zu schnattern ihre Tochter schaut gelangweilt umher. Dann bringt ein Mann gegrillte Fleischstückchen ins Haus und stellt es in einem mit glühender Holzkohle gefüllten Tonofen auf den Tisch. Dazu gibt es Brot und traditionelle Fladen – Eine Mischung aus Pfannkuchen und sauren Gurken. Ungewohnt aber lecker.
Später gibt es noch verschiedene Soßen, Harissa, Paprikapaste und mariniertes Fleisch. Dazu die zweite Runde Kaffee, eingeleitet mit einer weiteren Hand voll Weihrauch. Das Gegrillte Fleisch ist total lecker. Es hat was von Gyros, aber weniger stark gewürzt. Das Brot hat wenig Salz, wie fast alles hier.
Und dann kommen die Hochzeitalben. 5 Stück! Trotz der zwei Runden Kaffee – bei der Lektüre denke ich über eine weitere Runde nach. Eine Äthiopisch-Christlich-Amharische Hochzeit geht über eine Woche. Eingeladen wurden 3000 Gäste, von denen die meisten auch kamen. Daniel hat traditionell einem Widder die Kehle durchgeschnitten, und seine Frau ist über das Tier gesprungen. Ich erspare Euch die Geschichten über die vielen Cousins usw. aber schön und anstrengend muss es gewesen sein. Die Kleidung auf den Bildern ist sehr variantenreich – von den traditionellen Klamotten bis hin zu Anzug und Brautkleid, der Fotograf hat ganze Arbeit geleistet. Einen Film gibt es wohl auch, ich sehe einen Kameramann auf manchen Fotos.
Wir probieren noch ein Honiggetränk, das ist aber nicht so prickelnd.
Irgendwann müssen wir los, denn wir wollen am nächsten Morgen den Sonnenaufgang über Addis filmen. Juhu – Der Kaffee wirkt und ich habe geschätzte 2 Stunden Schlaf. Aber geschmeckt hat er super, praktisch keine Säure oder Bitterstoffe. Sowas bekommt man sonst nirgends und hier ist die verpackung definitiv wichtiger als der Inhalt.
Viele Grüße,
Christoph