In Italien Ticken die Uhren anders (Italien 2)
Bologna (Teil 2 von 20)
Hallo Leute
Als ich Vorgestern in den Bahnhof kam um Rossi abzuholen, dachte ich mir, Hmmm, meine Uhr geht ja verdammt falsch und glich sie mit der Digitaluhr auf der Tafel mit den ankommenden und abfahrenden Zùgen ab. Als ich dann auf das Gleis kam, sah ich dort die Analoguhr und dachte, hmmm meine Uhr …. Nach nochmaligen hinsehen fiel mir auf, dass alle Uhren auf Bolognas Haupbahnhof ein eigenartiges eigenleben fùhrten. Die Zeitdifferenzen auf dem Bahnsteg waren um die vier Minuten, die draussen war uns zwei weitere vorraus. Das macht aber Garnichts! Denn Zuge in Italien sind zwar sehr gùnstig, pùnktlich aber sind sie nie.
Gerade vorhin wartete ich auf einen Bus der zweimal „nicht kam“. Das freute die Schnaken die mich wàhrend ich wartete zerfleischten. Insgesamt funktioniert hier vieles anders als in Deutschland. Mùlltrennung sucht man im Dictionary genauso vergebens wie Pùnktlichkeit. Fahrràder unterliegen hier einem sich selbst ausgleichendem Regulativ. Wenn man durch das Univiertel schlendert wird man manchmal von Leuten angesprochen, die den Eindruck eines Cracksùchtigen Drogenopfers machen, das die letzten Nàchte in ihrer Urindurchtrànkten Kleidung verbracht hat. Diese fragen Bici!?!, was so viel bedeutet wie ich habe ein Fahrrad und verkaufe es fùr 10 Euro. Manchmal haben sie es gleich dabei. Wo sie die herhaben? Norma, meine Mitbewohnerin hatte mal eines gekauft, und als sie damit heim gefahren ist, rannte einer hinterher und schrie: „Mein Fahrrad!“… Ihr wurden auch schon drei geklaut, zwei davon an einem Tag. Ich habe jetzt auch eins. Es stand unabgeschlossen in einem Fahradstànder. Beide Reifen waren platt. Mùllentsorgung auf italienisch.
In meiner Kindheit sind wir mal auf einem Spatziergang bei meinen Grosseltern in Italien durch den Wald ùber die verrostete Leiche eines Fiat 500 gestolpert. Der liegt da schon Jahrzehnte und jedes mal fehlten mehr Teile bis nur noch das gerippe der Karosserie da war. Dem wird man in Italien immer wieder begegnen.
Interessant sind auch die Pakistanis (oder Sinti/Roma???) , welche an den Ampeln die Scheiben putzen. Eigentlich will das keiner, und wenn es jemand zulàsst, dann sind das entweder Touris oder Leute deren Scheibe noch von der letzten Ampel sauber ist, und das, so meine Vermutung, als Armenspende verstehen. Die Jungs stehen tàglich Morgens und Abends an den Ampeln und làcheln doof. Wenn es dunkler wird, làcheln sie auch nichtmehr, es kann eh keiner erkennen. Das ist auch etwas, dass die Neoliberalen begeistern wùrde.
Arbeitsuchende tun etwas um sich zu finanzieren und die Gesellschaft gleicht das durch wirtschaftliche Transferleitungen aus. Wie die Kerle davon leben kònnen bleibt mir schleierhaft. Ich habe es erst einmal gesehen, dass einer tatsàchlich was bekommen hat. Und zwar von mir.
Der italienische Verkehr ist nichts fùr Zartbesaitete. Der italienische Autofahrer verhàlt sich wie ein deutscher Schàferhund. Er spùhrt wenn sein Opfer Angst hat. Und gibt Gas. Wer die Strasse ùberqueren will, muss das wie Atreju machen, der Reinen Herzens und ohne Furcht die Ebene durchquert und alle Gefahren Links und Rechts ignoriert. Das kann zu heiklen Situationen fùhren. So hat gestern bei Nacht ein Motorinofahrer, die etwa 60% des innerstàdtischen Verkehrs ausmachen, mit defektem Rùcklicht ohne Schulterblick und natùrlich ohne zu blinken die Spur gewechselt. Der Mini hintendrann konnte dessen Leben nur durch eine beherzte Vollbremsung mit anschliessender Hupdusche retten. Im ùbrigen habe ich noch KEIN Fahrrad nachts mit funktionierenden Lichern gesehen oder einen Radfahrer „nachhintensehen“ sehen. Der Blinker hat in Italien auch nur dekorativen Charakter.
Zum Abschluss noch ein paar positive Dinge. Gemeinschaft wird in Italien deutlich gròsser geschrieben als in Deutschland. Die Leute hier sind sehr herzlich und hilfsbereit. Als ich vorgestern erzàhlte, dass ich gestern Geburtstag habe, wurde ich sofort eingeladen, mit allen anwesenden zu feiern. Tags darauf wurde ich sogar mit einer rieseigen Schùssel Tiramisu ùberrascht.
Nicht nur die Leute sind sehr sozial, sondern auch viele Gesellschaftliche Aspekte. Bus und Bahn sind sehr Gùnstig. Es gibt viele Events di Gratis sind. Die Jungen Leute lieben deshalb auch ihre Kultur. In den top 10 der Charts hier gibt es keinen Namen, der nicht Italienisch ist. Unter diesem Licht bekommt Smudos Forderung nach Quoten fùr Deutschsprachige Musik in den Medien neue Kraft. Und BMW wirbt in Italien fùr den neuen Einser mit Jimmi Hendrix Musik. Warum nich in D?
Es gibt noch so viel mehr was es zu erzàhlen gibt…
in diesem Sinne
Christoph