Indien (Teil 7 von 12)

Wir lassen uns Zeit. Die Arbeiter haben ohnehin erst um acht begonnen den Laster zu bergen. Um neun machen wir uns auf dem Weg – ausgeschlafen – endlich mal. Als wir ankommen stehen schon sicherlich 400 Meter Autos und warten auf ein Weiterkommen. Erst jetzt erfassen wir was wir nachts nicht zu sehen war. Ein gigantischer Erdrutsch hat Millionen von Tonnen Erde und Gestein in den Ganges rutschen lassen.

Der kleine Weiße Tempel links unterhalb des ist hunderte von Jahren alt. Von seiner Wichtigkeit für die lokale Bevölkerung gleicht er der Sixtinischen Kapelle. Dieser soll für ein Staudammprojekt auf eine höhere Position verschoben werden. Die Regenfälle und die Erdrutsche sind aus Sicht der Einheimischen ein Zeichen dafür, dass die Gottheit damit nicht einverstanden ist. Und außerdem sind die Leute stink sauer. Denn hier wird ein gigantisches Staudammprojekt von unglaublichem Ausmaß von der Zentralregierung durchgepeitscht. By the Way, der Erdrutsch war nur wenige Minuten von dem Tempel entfernt.

Wer Land hat, der kann lukrativ seine Steine, oder noch besser, Sand verkaufen. Das ist hier sehr begehrt und wird sogar auf Maultieren bis in die entlegensten Dörfer gebracht. Da wo es keinen gibt, muss für den Beton Kieselgroßer Stein gemacht werden. Wie geht das? Mit einem Hammer. Viele Inder verdienen sich ihr Geld durch Steineklopfen. Kinder können ihren Familien so ein Zubrot verdienen. Einigen dieser Steineklopfer fehlt es an Sehvermögen oder gar ein Auge. Die wegspritzenden Steinteile treffen die Augen und verletzen diese. Die vorbildliche Gesundheitsversorgung in Indien garantiert den Opfern eine schnelle Lösung…

Dann geht es los. Ein Minister oder sonstiges hohes Tier fährt mit seiner 50er Jahre-Stil Limousine an den Wartenden vorbei und zieht einen Strom Trittbrettfahrer hinter sich her. Auch heute fallen wieder gelegentlich Steine herunter und diese aktivieren wieder weiter und so weiter. Wie Regen prasseln die Steine in Wellen herunter. Ein Stein kann tödlich sein. Das stört hier keinen, uns auch nicht. Mutig fahren wir, unser Fahrer fährt merklich hektischer als sonst, über die Piste. Drüben angekommen geht es auf den Weg zurück nach Deradun.

Auf dem Weg dahin finden sich immer wieder Rafting Camps, in denen Touristen mit Schlauchbooten den Ganges hinab reiten. In der Inder heiligsten Fluss tummeln sich nun auch die Touris. Von denen treffen wir in Rishikesh auch eine ganze Menge. In Rishikesh gibt es zahllose Tempel und Ashrams – Eine Art Workshopkloster, die auch die Beatles in den 60er Jahren besuchten. Hier begeben wir uns auf Tourisafari und suchen nicht nach unserem Selbst, sondern die orientierungslosen, wohlstandsgeschädigten Westler auf der Suche nach einer Hand voll Spiritualität.

In Deradun schlafen wir Pankrash, dem Protagonisten des Brosius/Polit Filmes und treffen Lokesh, mit dem wir morgen einen Film über spannende Themen wie Prozessionen und Besessenheit in einem anderen Dorf angehen werden.

Gute Zeiten haben will ich…