Bulgarien 2007 (Teil 2 von 2)
Hallo meine Lieben
(Kurze Richtigstellung: Veliko Turnovo ist die Hauptstadt des zweiten bulgarischen Reiches um 1000 herum.)
Bulgarien ist für mich wie eine kleine Reise in die Vergangenheit. Der Lewa ist vom Kurs her zum Euro genau 2:1, also wie die D-Mark kurz vor ihrem Niedergang. Als ich vor fast sechs Jahren schon mal hier war, war das Gefühl mit Mark zu bezahlen noch deutlich emotionaler und selbstverständlicher. Insofern spüre ich deutlich das Älterwerden. Die Mark, oder genauer das intuitive Gefühl für die Stimmigkeit von Preisen ist bei mir kaum noch vorhanden. Ich rechne Preise in Euro um und weine innerlich über den verlorenen, einstigen Bundesrepublikanischen Stolz der von der europäischen Integration fortgespült wurde. Weitere Rückblicke in meine Kindheit sind die Fahrzeuge, die in Mitteleuropa ausgemusterten Fahrzeuge stammen meist aus den Neunzigern, viele haben noch das D auf dem Kofferraum, manche NL oder A. Selbst die Busse sind schon Museumsreif. Meistens sind es die klassischen Mercedesbusse mit den runden Scheinwerfern. Bei ein paar Bussen steht noch oben im Linienkasten „Sonderfahrt“. In Rumänien sah ich bei meiner letzten Reise in die Balkanregion noch Werbung für die Sparkasse Esslingen… Wenigstens überstrichen sind sie heute. Viele Fahrzeuge sind wie schon erwähnt alt und nicht ganz verkehrstauglich. Das hätte einem guten Freund der Familie fast das Leben gekostet. Er setzte mit dem Motorrad gerade zum Überholen an, als sein Vordermann, ein alter VW Transporter, in die Eisen stieg. Er bekam das nicht mehr mit, denn die Bremslichter funktionierten nicht und er raste voll hinten rein und überlebte im wahrsten Sinne des Wortes nur um Millimeter, die Narben quer über den Hals sind nicht zu übersehen. Bei dem war ich heute zu Gast und er fragte, ob ich nicht mit ihm eine Runde drehen wolle. Er war mit seiner neuen Kawa Freibade 6R unterwegs und mir gab er seine alte Rapsol Honda CBR 600. Nachdem wir an eine Schafherde, durch jeweils eine Kuh und eine Schafherde durchwaren ging es auf die weitgehend freie Landstraße. Kurz am Gas gezogen, aber schneller als 200 habe ich mich dann doch nicht getraut. Ich bleibe lieber bei meinem alten Bock. Der Zittert zwar ab 160, aber dafür sitz, nein – liege ich nicht auf dem Tank. zurück bin ich in Erwartung hinter jeder Kurve auf eine Herde zu stoßen wie eine Oma gefahren. Seis drum, Pferde laufen hier ja auch frei herum…
Außen Pfui, innen Hui.
Die Kommunistischen Plattenbauten sehen von außen aus, na ja, als hätte sie jemand angekotzt. Aber innen sind die zum Teil echt chic. Das liegt u. A. auch daran, dass für eine Renovierung das gesamte Haus sich zusammentun müsste. Aber bei über 20 Parteien ist das nicht immer, so wie ich das wahrnehme eigentlich nie möglich. So kommt es, dass bei fünf stöckigen Häusern einzelne Stockwerke renoviert sind, zum Teil auch Wärmeisoliert, und an den andern Etagen der Putz abbröckelt. Im Haus selbst werkelt jeder an seinem persönlichen Palast. Home sweet Home.
Witzig ist, dass wenn ein Bulgare ja sagen will, dass er mit dem Kopf schüttelt, und wenn er nein sagen möchte, dann nickt er. So komme ich immer wieder in Missverständnisse: Einmal fragte Rossi was und die Befragte nickte. Für mich war das Thema abgehakt, nur die Erwartungsvollen Blicke die auf mir ruhten, ließen mich kurz nachdenken. Ein anderes Mal fragte mich ein sympathischer Kellner, der ganz gut Deutsch konnte, ob es mir schmecke. Ich Nickte eifrig. Er redete dann kein Wort mehr mit mir. Mir kam das dann auch am Abend als ich kurz vor dem Einschlafen war in den Sinn.
Es gibt natürlich noch allerlei mehr zu berichten, aber da müsst ihr schon bei mir auf einen Tee vorbei schauen 😉 . Da gibt es wissenswertes und interessantes über Thrakische Schätze und eine Licht- und Lasershow einer kompletten Burg, gegen die das Heidelberger Schloss gerade mal ein Vorhof ist. Vergesst die Schlossbeleuchtung, wenn ihr so ein Spektakel erlebt habt.
Grüße aus dem so fernen und doch so nahen Bulgarien
Christoph