Mord im Nachtexpress (Italien 14)
Bologna (Teil 14 von 20)
Hallo Leute,
Ich war ja jetzt ein paar Tage in D. Wie ich da hingekommen bin? Mit dem Nachtexpress der deutschen Bahn. Der Zug geht von Milano ùber Karlsruhe nach Mannheim und dann noch weiter nach Dortmund.
Aber wie komme ich nach Mailand. Mit dem Zug auf dem Ausdruck der Deutschen Bahn hàtte ich nur 25 Minuten Aufenthalt in Mailand. Meine Erfahrungen mit der italienischen Bahn lehrten mich bei Anschlùssen besonders sensibel zu sein. 25 Minuten, das ist in italienischer Zeitrechnung vergleichbar mit 3 Minuten in der Deutschen. Daher beschloss ich, einen Zug frùher zu nehmen.
Der war auch billiger. Als ich dann aber am Bahnsteig stand, traute ich meinen Augen nicht. Der Zug war frùher abgefahren. Ihr glaubt mir nicht.
Stimmt. Er hatte tatsàchlich zwei Stunden Verspàtung. Also musste ich doch den anderen Zug nehmen, der aber auch schon 15 Minuten zu spàt war.
Ich setzte mich in den Ruheraum, wo vor 20 Jahren eine Bombe explodierte.
Irgendwie haben alle grossen europàschen Lànder Erfahrungen mit Terror. Nur die im Kern sozialistischen nicht, also die Skandinavischen Lànder (die konsequent umverteilen). Spanien (Basken/Jyhadterrorismus), Frankreich (Algerien/Marokko), England (IRA/Jyhadterrorismus) Italien (Anarchisten) und Deutschland (RAF). Warum der Rest verschont blieb, keine Ahnung. Nur war witzig, dass Schily die Einfùhrung biometrischer Daten im Pass damit begrùndete, dass Spanien den Fingerabdruck auch seit den 30. Jahren im Pass habe. Spanien war damals eine Diktatur! Damit wir auch in Zukunft genauso wenig Terroranschlàge in D haben, wie die Spanier mit Fingerabdruck…
Die Bombe wurde von Rechtsextremen Anarchisten gezùndet und es starben sehr viele Menschen an diesem Ort. In der 1 m dicken Wand ist ein Spalt, der unten einen halben Meter breit ist, und bis oben unter der Decke geht und dort ùber ein Meter breit ist. Er ist mit einer Glasscheibe geschlossen worden. Als Gedenkstàtte. Auf dem Boden ist im Beton eine Delle, die bestimmt 10-15 cm tief in den Boden reingeht. An der Wand hàngt eine Marmortafel, auf der die Namen der Opfer und deren Alter vermerkt sind. Es waren viele Kinder unter den Opfern.
Auf jeden Fall kam dann nach langem Warten der zweite Zug und mit 15 min Verspàtung ging es nach Mailand. Der TGV (franz. Hochgeschwindigkeitszug) konnte seinem Namen nicht gerecht werden, denn in Mailand kamen wir mit 32 min Verspàtung an. Doch der Nahtexpress wartete geduldig auf uns und sollte seine 20 min. Verspàtung bis nach D bringen.
Nachtzùge sind ein Phànomen! In miefenden, abgedunkelten Abteilen wàlzen sich Schlàfrige auf ungemùtlichen Sesseln. Es gibt auch noch liegeplàtze, die kann sich aber kein sterblicher leisten. Zumindest regulàr. Unbedingtes Muss sind Ohrenstòpsel! Ohne ist man dem Schnarch Rhythmus der Mitreisenden gnadenlos ausgeliefert. Das ist schlimmer als R&B oder Alanis Morisette!
Morgens um 6 stand ich dann auf dem Bahnsteig in Mannheim, wo ich das erste mal seit Monaten in ein Kòrnerbròtchen zu beissen das Vergnùgen hatte. In Italien gibt es nur Ziehharmonika Brot. Ich nenne es so, da man ein Brot von 40cm Lànge mit wenig Druck auf 20cm verkleinern kann. Nàhrwert ist keiner vorhanden.
Am Bahngleis an der Schweizergrenze wird ein Junger Mann in Handschellen abgefùhrt. Ich entdecke wenig spàter ein leeres Abteil, der Schlaf ruft.
Endlich. Ich werde diese Nacht nur 1-2 Stunden geschlafen haben.
Ich verbringe ein paar sehr Schòne Tage in Heidelberg und Karlsruhe und fahre dann wenige Tage spàter nach Italien zurùck. Dieses Mal im Liegewagen.
Da werden sechs Personen in ein kleines Abteil hineingequetscht und schlafen Sardienàhnlich aufgereiht. Nur das òl fehlt. An der Tùr gibt es ein Vorhàngeschloss, um Eindringlinge auszuschließen. Das Gepàck wird unter die Betten gequetscht und es herrscht chronisch Platzmangel. Jeder Wagon hat einen eigenen Schaffner. Dieser sammelt die Ausweise ein, sodass jeder wàrend der Grenzkontrolle weiterschlummern kann, wàhrend der Sitzplatzreisende wùst aus seinen Tràumen gerissen wird.
Dann bin ich in Italien. Woran ich das erkenne? Mein Anschlusszug hat 30 min. Verspàtung.
In diesem Sinne
Christoph