Fliegende Hunde (Italien 10)
Bologna (Teil 10 von 20)
Heute werde ich ein wenig ùber das Saturday Night Fever erzàhlen. Vorletzten Samstag in einer „Discobar“ deren Namen ich schon wieder vergessen habe.
Scheiss Alzheimer. Es gibt eine Erasmusparty, wie in so vielen anderen Bars und Discos auch. Gelockt wird die Zahlungsfàhige, und deswegen auch hart umhàmpfte Kundschaft mit freiem Eintritt und Rabatten. Dafùr sind die Getrànke Teuer, das Bier schmeckt nach Gerbsuppe und man muss Animationen ùber sich ergehen lassen. Eine hùbsche Teufelin mit roten Hòrnchen und Reitpeitsche treibt draussen stehende zurùck in die Bar und zwei Jungs mit Grùnen Perùcken, Clownshut und Plastiksàbel versuchen jeden fùr Saufspiele zu begeistern. Als Bestrafung gibt es dann ein Bier (wùrg). Die Getrànke werden im Mallorca-Feeling, also in Plastikbecher dargereicht und der DJ ist Gnadenlos und brùllt vòllig ùbersteuert Animationsrufe ins Mikro, die nicht mal die Italiener der vom ESN verstehen. Als krònenden Abschluss tanzt eine Polonäse, angefùhrt vom Grùnhaarigen Animator durch die Disko. Es ist Zeit zu gehen.
Mit Freunden gehe ich in die nahe Via dell Pratello, eine berùhmt berùchtigte Kneipenstrasse. Berùhmt, weil sehr lebendig: auch Wochentags bis 3 Uhr morgens lebhaft besucht und da man in Italiens Kneipen nicht rauchen darf, stehen immer die Hàlfte der Besucher auf der Strasse und unterhalten sich.
Dafùr ist die Strasse berùchtigt. Das ehemalige Proletarierviertel wird also tàglich von hunderten Leuten bis in die Morgenstunden belagert, an Schlaf ist da nicht zu denken. Da kippt schon mal einer was aus dem Fenster oder gibt einen Brùller ab.
Nach einem (guten) sardischen Bier gehts zurùck zu den anderen in die Disko Bar, die Animatoren sind des Animierens mùde und das ist auch gut so.
Die Màdels aus ammiland (siehe letzte mail) haben sich bei ihrer Unterhaltung ùber diese Form der Animation kòstlich amùsiert.
Heute auf dem Piazza Verdi, sonst ein Tummelfeld fùr die Alternativen, die Abend fùr Abend ihr(e) Bierchen zischen. Es ist ein 3 gg. 3 Basketballturnier auf dem Platz. Drogen sind im Allgemeinen in Bologna, und im speziellen hier so allgegenwàrtig wie in der Kommune eins. Es gibt Streit, keiner weiss warum. Eine Tùte fliegt durch die Luft. Ein Nordafrikaner streitet aufgeregt mit anderen Schwarzafrikanern. Er beschwert sich dass alle nur rauchen (was wohl?) und in den Treppenaufgàngen abhàngen.
Es gibt viele Urinlachen in der nàhe und einige Hunde. In seiner Rage packt er einen der friedlichen Hunde an den Vorderlàufen und schleudert ihn auf die Strasse. Der Hund hàtte gute Flugnoten bekommen. Alle Viere von sich gestreckt legte er einen 1a Hubschrauber hin und landete 4 Meter weiter auf allen Vieren, knapp neben einem vorbeifahrenden Auto. Frauen schreien. Es wird viel Diskutiert, aber nichts passiert. Wie immer, viele Làrm um nichts.
Die Italiener nehmen es gelassen und wechseln die Strassenseite. Bolognas Bronx ist hier. Sein Herz schlàgt links.
Der grosse Gegenkandidat der Linken, Romano Prodi, wohnt schràg gegenùber von meiner Fakultàt und die soz. Partei wurde 50 km von hier in Forli gegrùndet. Ironischerweise wurde auch der Duce Mussolini in Forli geboren und begraben und ist heute ein Wallfahrtsort der Rechten Italiens. Die Studenten in der Fakultàt der Science Politiche sind manchmal von den Pennern auf dem Werderplatz bzw. Bismarckplatz in Heidelberg kaum zu unterscheiden. Auf dem Piazza Verdi kommt das Ex-Steffi Fealing richtig rùber. Ein bisschen fùhle ich mich deswegen auch Zuhause.
Als Kontrastprogramm werde ich von einem Vertreter der Vereinigung der kommunistischen Studenten Bolognas angesprochen. In feinem Anzug kommen sie rùber wie geschniegelte Politiker.
Ich habe immernoch keine Kapsel fùr meinen Fùller und habe mir mein Messer klauen lassen. Oder verloren. Wer weiss das schon. Ende des Monats komme ich nach D (26.10-1.11).
Bis die Tage
Christoph