Der Mònch auf dem Fahrrad, oder die kleinen aber feinen Unterschiede (Italien 6)
Bologna (Teil 6 von 20)
Hallo Leute,
gestern habe ich meinen ersten Unfall in Italien gesehen. Ein Smartfahrer hat sich ùber die Kreuzung gequetscht und wurde dabei von einem Radfahrer ùbersehen, also ùber den Haufen gefahren. Anders kann ich mir das nicht erklàren, einen Smart zu treffen ist meines achtens schwerer als ihn zu ùbersehen. Mit dem Fahrrad in Italien unterwegs sein bedeutet immer stets seine vollste Aufmerksamkeit auf den Straßenverkehr zu richten. Andernfalls spielt man mit seinem Leben.
In der Uni ist das meisste àhnlich wie in D. Die Hòrsààle sind auch hier vòllig ùberfùllt. Ausser bei den Oberseminaren, den lucee specialistice, die kosten nàmlich Geld (Bologna kommt auch zu uns!). Je nach Vorlesungen gibt es sogar Pausen zwischendrin. Hausarbeiten gibts im Grundstudium und in den meisten Hauptseminaren auch nicht. Ich mòchte allen raten, in Italien nicht auf eine òffentliche Toilette zu gehen. Man sieht Bremsspuren aller Orten, Klo Ringe sind auch eher eine Seltenheit. Nicht selten gibt es fùr Mànnlein und Weiblein nur eine gemeinsame Toilette.
Typisch in Italien sind die Massiven Gitter an den Fenstern, auch in Treppenhàusern vor den Haustùren. Das Sicherheitsbedùrfniss scheint sehr ausgepràgt zu sein. Wenn man eine Bank betritt, wird man erstmal von einem finster dreinblickenden Wachmann mit archaischer Uniform begutachtet. Mit dieser Uniform erweckt er den Eindruck eines SA-Schergen. Schwarz gekleidet, Stutzen, Waffe, grosse Mùtze und ùbergrosse Rangabzeichen. Um die Bank zu betreten, muss man erstmal eine Schleuse durchqueren, in die nur eine Persn hereinpasst. Die Gitter an den Fenstern zur Strasse sind Daumendick, an denen zur Seitenstrasse gibt es gar keine!?
In den Hàusern habe ich auch bisher keine Tapeten gesehen. Es gibt nur einen dùnnen Gips der dann bemalt wird. Wenn man streicht, lòst der sich dann in kleinen Bròckchen auf, vermischt sich mit der Farbe und klebt dann an der Wand, wie ich leidvoll erfahren musste. Teppiche gibt es auch so gut wie keine. Stattdessen fließen oder Terrazzoboden. Teppich heisst auf Italienisch Tapete. Warum? Keine Ahnung.
Beim Schlendern durch die Stadt fàllt jedem sofort die Hundescheisse auf, die alle Nase lang auf den Boden geschmiert ist. Es ist wohl gerade Mode bei jungen Leuten sich eine Tòhle zu halten, und weil Kackeaufheben uncool ist bleibt sie einfach liegen. Da auch alles ùberdacht ist, gibt es auch keinen Regen… Abends kommt der Regen in Form eines LKW der mit Wasser die Strasse und den Bordstein mit Hochdruck abspritzen. Feinstaubverordnung làsst grùssen.
Was ich klasse finde, ist, dass am Strassenrand ùberall grosse Mùllkontainer stehen, in die jeder seinen Mùll entsorgen kann. In Ludwigsburg, ist es zum Beispiel nicht unùblich, seine Mùlltonne abzuschliessen. Diese „Jeder zahlt nur das was er verbraucht“-Sache geht mir echt auf den Keks. Wenn ich mir ùberlege, wieviel Geld mit der albernen LKW Maut verheizt wurde, wo es ein anderes System (z.B. Vignette) auch getan hàtte! Immerhin wird ein Staat auch durch ein Staatsvolk definiert, also definitiv einer Gemeinschaft. Da kann man auch mal drùberstehen, besonders weil dann viel Verwaltungskram entfàllt und die Mùllabfuhr besser, schneller und effektiver arbeiten kann, und somit gùnstiger ist.
Was mich ebenfalls immer wieder wundert, ist die Diversifizierung der Geschàfte. Werkzeug gibt es nur im Eisenwarengeschàft. Schuhe nur im Schuhgeschàft. Im Fahrradladen konnte ich keinen Schraubenschlùssel kaufen und Baumàrkte sucht man vergebens. Friseure sind nach Mànnern und Frauen getrennt. Fùr Mànner den Barbier, fùr Frauen den anderen.
Zuletzt noch was zur Uni. Ich habe das Pech, dass dieses Jahr fast nur deutschsprachige Erasmusstudenten hier sind. Ich hatte mir das ein wenig anders vorgestellt. Die Uni wechselt jedes Jahr die Kooperationslànder und so kommt diese Ballung zustande. Nur die Pol. Wiss. hat einen kontinuierlichen Austausch mit Unis anderer Nationen. Es gibt auch vier Finnen bei uns, Finnland ist somit zur Hàlfte entvòlkert (hallo Heikki 🙂 ).
Ammis haben wir auch ein paar, die sprechen aber so ein schlechtes Englisch, dass sie nur unter sich sind.
Da um die Ecke meiner Fakultàt ein Kloster im Herzen Bolognas ist, hab ich auch schon Mònche auf dem Fahrrad gesehen. Fùr mich etwas vòllig neues. Wie vieles andere in Italien auch.
Bis Dann,
Christoph