Lascia mi cantaaaaareeeeeeeee….. (Italien 4)
Bologna (Teil 4 von 20)
Hallo Leute,
Interessantes und wissenswertes aus Italien. Heute werde ich mal meine aktuelle Lebenssituation schildern. Ich wohne jetzt in einem winzigen Loch am Rande der Innenstadt von Bologna. Mein Zimmer hat kein Außen Fenster, eine Wand ist mein Schrank, hinter dem der Flur verlàuft (von meinen gefùrchteten Kòrperfunktionen bleibt hier also keiner verschont 🙂 ) und es hat etwa 5,5 qm Flàche. Ich habe es jetzt rosa gestrichen, da vor mir ein Gothic-Mädchen gewohnt hat, die auf Schrankrùcken und Wànde mit Edding und großen Lettern Songtexte gemalt hat. Z.B. „my pure fucking life is…“ und mehr wollte ich gar nicht, mehr wissen und kaufte mir … etwas Beruhigendes. In der WG wohnen sechs Leute. Ich, Sara, die Chefin. Sie macht gerade ihren Master in Jura, Norma, sie studiert Shiazu und dann noch Elena, die Kunst studiert und auch schon mal Erasmus in Mùnchen machte. Dann noch zwei Jungs, die aber erst Ende September kommen. Alle Màdels sind echt klasse, sehr geduldig (und das bei meinem Italienisch!) wie alle Italiener, sehr hòflich und zuvorkommend.
Meine Fakultàt ist im ehemaligen Regierungspalast der Fùrstenfamilie, die Bologna beherrschte. Im Treppenhaus stehen alte Marmorstatuen antiker griechischer Helden und die Decke ist mit Kostbaren Fresken bemalt. Marmor hat hier die gleiche Verbreitung wie in Heidelberg Sandstein. Dummerweise geht eine Hauptverkehrsader des Zentrums direkt daneben vorbei, und es ist daher recht laut. Die Vorlesungen sind auf Italienisch, aber zum Glùck sind Teile der Literatur auf Englisch. Einmal die Woche spiele ich Volleyball und mit meinem hellblauen Fahrrad, das ich eigenhàndig „gefunden“ habe bin ich auch viel unterwegs. Ich musste nur die beiden Platten reparieren, und schon war es wie neu. jetzt werde ich es rot anmalen und Ferrari draufschreiben.
Auf dem Marktplatz im Zentrum steht eine der gròßten 3 Kathedralen der Welt. Wie fùr Italien ùblich, ist sie noch immer nicht fertig. Die Fassade ist nur bis zur Hàlfte fertiggebaut und bietet einen anachronistischen
Eindruck: Oben billigen roten Ziegelstein und unten feinsten weis, rosa und braunen Marmor mit ausdruckstarkein Figùrchen und fein ziselierten Kapitàlchen und Árkern. Ein Bild fùr die Gòtter.
Kirchen sind in Italien eh was ganz faszinierendes. Man kann keine 100 Meter laufen, ohne auf eine Kirche zu stoßen. Selbst beim Wandern durch die wildeste Wildnis stòsst man allzu oft auf Marienbilder, oder – eben Kirchen.
Nur kann man problemlos in diesen Kirchen einen Sattelschlepper wenden, oder sechs davon parken. Drin stehen dann etwa 8 Bànke fùr die 9 regelmàssig kommenden Omas. Und innen nur das Feinste (Marmor, Gold, Hòlzer…)! Nur eine Kirche stand kurz vor dem Verfall. Innen vòllig entkernt und Außen von Taubenkot entstellt. Es war eine Evangelische Kirche.
Der Italiener an sich hat einen Fable fùr Miniaturisierung und Bequemlichkeit. In den Betten versinkt man und sie quietschen wie die Hòlle.
Anfangs dachte ich, die drehen die Fernseher auf, damit alle was davon haben. Jetzt weiss ich: Die Betten quietschen soooo laut, dass …
Es gibt Motorinos, stinkende Zwei-Takter Vespas und laute, quietschige telefoninos. Jamba schlàgt hier ein wie eine Bombe. Diese beiden zu kombinieren ist hier kein Problem, an der Ampel oder wàhrend des Fahrens eine SMS schreibe, kein Problem. in der Stadt làuft man in den Abendstunden an 300 Metern geparkten Motorinos vorbei und hòrt alle Nase lang neue, noch nie gehòhrte und noch nervigere Klingeltòne. Wie die mit dieser Motorinoepdemie die Feinstaubrichtlinien hinkriegen wollen bleibt mir ein Ràtsel.
Italien ist ein typisches Beispiel fùr einen schmalen Staat. Wer das auch in D mòchte, sollte mal kurz die Ohren spitzen bzw. die Augen schàrfen. Das Wasser ist gechlort weil gute Klàranlagen zu teuer sind und fùr neue/bessere da Geld fehlt. Die Glùhbirnen flackern wegen der Spannungsschwankungen stàndig und es gibt keine Atomkraftwerke in Italien. Wer denkt, dass sei gut hat sich getàuscht. Der strom wird nàmlich fùr viel Geld aus Frankreich bezogen, fùr eigene moderne Kraftwerke fehlt das Geld und Frankreich ist Nr.1 in Europa in Sachen Kernenergie. Die Autobahnen sind auch in privater Hand. Das macht Reisen mit dem Auto um einiges teurer. Nur Kommunale Straßen wie Landstraßen und Stàdtische Bereiche sind in staatlicher Hand.
Die wenigen staatlichen Autobahnen sind in einem erbàrmlichen Zustand und kònnen problemlos mit den Schotterpisten in Rumànien mithalten. Gerade heute auf der Strecke zwischen Florenz und Cesena wurde Meine Wirbelsàule gemartert. Am Straßenrand standen verrostende Baumaschinen, die seit 5 Jahren die Strecke reparieren sollen. Ein großer Teil wird sogar ùber kleine Bergstrassen umgeleitet.
Das ist einer der Großen Standortvorteile fùr Deutschland! Kaum ein Land auf der Welt kann auf so eine gute Infrastruktur verweisen wie Deutschland!
Nirgendwo sind Immobilienpreise so niedrig (eher: konstant seit der
Euroeinfùhrung) wie in Dt. und ist somit gerade Nr. 1 Ziel fùr zahllose internationale Investment Gruppen aus aller Welt. Wir nehmen die Schwarzmalerei unserer Politiker viel zu ernst. Deutschland hat Probleme, aber wer Angst hat ist feige! Nur mit Schweiß ist Deutschland was geworden und nur so kann D an die Welt wieder angepasst werden. Und wenn wir es nicht selbst machen, dann machen es andere von Außen fùr uns. Das wùrde bitterer.
Das war jetzt ein wenig politisch, aber um mal einen mittlerweile verstorbenen Freund zu zitieren: „Da muss man hart sein, zu sich und zu anderen.“
Habt Mut
Euer Christoph